Peter Könnicke - Spitzenläufer und freier Journalist und selbst immer noch Rekordhalter über die 8 km - Strecke, schrieb 2007 über den Burgenlauf:
Vor etwa einem Jahr sollte ich eine Art Kurzbiografie schreiben: Wer ich bin, woher ich komme, was ich mache, was ich für Ziele und Wünsche habe. Wissen wollten das Kollegen, die Artikel für die Internetseite „Take the magic Step" schreiben und sich einander kaum kennen, weil sie in Boston, Sydney oder Berlin leben. Also ließ ich sie wissen, dass ich in Wiesenburg aufgewachsen bin, beim Armeesportklub Vorwärts Potsdam das schnelle Laufen lernte und eines meiner Ziele ist, irgendwann einmal die 25 Kilometer beim Burgenlauf in Belzig zu gewinnen.
Der Burgenlauf ist für mich die Mutter aller Läufe. Die acht Kilometer sind so etwas wie meine erste Liebe, an die man sich gern erinnert: Kurz, schön und intensiv. Auf dem letzten Asphaltstück kurz vor Belzig, verlor ich - von zwei Pferden begleitet - meine Unschuld: Es war das erste Mal, dass ich einen Lauf gewann. Das Gefühl machte neugierig auf weitere Erfahrungen. Die hab' ich gemacht: Ich bin auf den staubigen Straßen eines Vororts von Nairobi gelaufen, in 2000 Meter Höhe der Rocky Mountains, auf dem Kurfürstendamm, auf einem Boulevard in Kiew, über schlammige Felder auf Sizilien und über Brücken in New York. All das hatte seinen Reiz. Der Burgenlauf, der an diesem Wochenende die 30. Auflage erlebt und für den es bisher über 300 Anmeldungen gibt, aber ist etwas Besonderes.
Es mag an der Vertrautheit der Ortsnamen Hagelberg, Schmerwitz oder Schlamau liegen, die mir ein Gefühl von Zuhause geben, in das man irgendwann zurückkehrt. Es ist der Zauber des Flämings, der mich in all den zurückliegenden Jahren immer wieder den Burgenlauf nennen ließ, wenn mich jemand nach meinen schönsten Lauferlebnissen fragte. Und es ist der Mythos, die 25 Kilometer seien etwas für „ganz Harte", weshalb ich der Meinung war, noch eine offene Rechnung zu haben. Ich war in der 9. Klasse, als ein Schulkamerad, der die 25 Kilometer gelaufen war und am nächsten Tag den ganzen Respekt der Lehrerschaft auf sich gezogen hat. Eine Teilnahme am Burgenlauf hatte etwas von einer Mutprobe. Wenn es heißt, dass ein Mann in seinem Leben ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen muss, schien es, als käme hier im Fläming eine vierte Pflichterfüllung hinzu: den Burgenlauf zu bewältigen. Jedes Jahr, wenn die Läufer in Wiesenburg am Wasserturm vorbei ins Dorf liefen, legten sich mindestens drei, vier Zuschauer fest: „Nächstes Jahr loof ick och mit!"
Zu DDR-Zeiten gab es einige Volksläufe, die bei den „Profis" - offiziell hießen sie „Diplomaten in Trainingsanzügen“ – hoch im Kurs standen. Die hiesige Veranstaltung gehörte dazu. Ich kann mich erinnern, wie mein Vater nach Hause kam, nachdem sich die Läuferkarawane aus Wiesenburg verabschiedet hatte, und erzählte, der Erste wäre so schnell gewesen, dass er sich fast überschlagen hätte. Das war 1985. Der Sieger war Michael Heilmann, der zwei Wochen später in Japan den Marathon in 2:09:03 Stunden lief - die neuntschnellste Zeit, die in dem Jahr in der Welt gelaufen wurde. Den Burgenlauf hatte er als letzten Test genutzt. Noch heute ist seine damalige Zeit die schnellste, die je zwischen Burg Eisenhardt und Wiesenburger Schloss gelaufen wurde.
Voriges Jahr traf ich im Sommer in Berlin zufällig einen alten Wiesenburger Bekannten. Wir hatten uns vielleicht 15 Jahre nicht gesehen und bald fragte er tatsächlich, ob ich beim Burgenlauf mitrenne. Ich sagte ja und empfand das nach all den Jahren endlich als Selbstverpflichtung, nach Belzig zu kommen, mich auf den Marktplatz zu stellen und los zu laufen. Es war, als wäre ich nie weg gewesen. Ich lief die 25 Kilometer, freute mich über „Schmerwitz" und „Schlamau" und auf die letzten Kilometer auf glattem Asphalt. Es war wie beim ersten Mal. Nur die Pferde waren nicht da.